Abraham im Gucci-Store

Philip Malzahn über das Abkommen der VAE mit Israel

  • Philip Malzahn
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit dem sogenannten Abraham-Akommen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Israel wird sich einiges verändern - allerdings kaum etwas, was sich nicht schon seit Jahren anbahnt. Was lange ein offenes Geheimnis war, wird nun offiziell. Israel hat ja schon seit Jahren eine diplomatische Vertretung in den Emiraten, die neue dürfte einfach nur größer, protziger und personell besser ausgestattet ausfallen.

Warum aber kommt das gerade jetzt? Am Ende sieht es so aus: Mit den Israelis können die Emirate gute Geschäfte machen, mit den Palästinensern nur in ihrer Ausbeutung. Und darüber hinaus dürfte »Abraham« ein Grundstein sein für ein Verteidigungsbündnis gegen den Iran, mit dem beide Länder seit Jahrzehnten verfeindet sind. Dafür nun im Gegenzug - vorläufig - die Annexionspläne im Westjordanland zurückzustellen, dürfte Benjamin Netanjahu nicht schwer gefallen sein. Ohnehin ist ja die Westbank fast vollständig unter Israels Kontrolle. Wozu also mit einem selbst im eigenen Land kontroversen offiziellen Schritt diplomatische Beziehungen zu vielen anderen Ländern riskieren? Für etwas, was man sowieso schon hat? Aus israelischer Sicht ist es nur vernünftig, stattdessen einen wichtigen Partner zu gewinnen und dabei die arabischen Staaten untereinander etwas aufzuwiegeln. Und so richtig verzichtet hat man ja nicht: »An meinem Plan, unsere Souveränität über Judäa und Samaria zu implementieren, hat sich nichts geändert«, so Netanjahu im Wortlaut.

Die Palästinenserführung bezichtigt nun die Emirate des »Verrats«. Der Vorwurf ist zwar verständlich, aber falsch. Denn um jemanden zu verraten, muss man ihn vorher wirklich unterstützt haben - wovon im Fall der Emirate kaum die Rede sein kann. Die Entscheidung, solvente israelische Einkaufstouristen nun eben per Direktflug in die unzähligen Einkaufszentren des kleinen Golfstaats einzuladen, ist auch bezeichnend für dessen Selbstverständnis: Die Bewohner der reichen Emirate, noch vor 50 Jahren hauptsächlich Kamelhändler, Perlentauchern oder Beduinen, sind heute die Neureichen der arabischen Welt. Die Einwohner anderer arabischer Staaten werden kaum als ebenbürtig gesehen, trotz ähnlicher Sprache. In den Emiraten kennt man Palästinenser eher als einfache Gastarbeiter, die den Emiratis die Drecksarbeit abnehmen - während man sich selbst im klimatisierten Gucci-Store erholt.

So ist jene offizielle Freundschaft mit Israel, die man als das bisher größte politische »Coming-out« des 21. Jahrhunderts bezeichnen kann, für die VAE am Ende nur die Fortsetzung anderer profaner Milliardendeals - ob nun um Rüstungsgüter mit den Europäern oder den Bau mehrerer Atomkraftwerke mit den Südkoreanern.

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